Eine Woche China: Shenzhen (Tag 2)
Dienstag

Auf der Großbaustelle neben dem Hotel wird nicht nur bis zehn Uhr abends mit schwerem Gerät im flüssigen Schlamm gewühlt, sondern auch schon wieder ab sechs Uhr früh. Vermutlich kann man glücklich sein, dass sie nachts für ein paar Stunden aufhören. Gottseidank bin ich morgens aufgrund der sechsstündigen Zeitverschiebung noch so müde, dass ich erst gegen viertel vor acht vom Wecker aufwache. Um 8 werden die mit Parolenbannern versehenen Wohncontainer der Bauarbeiter mit rhythmischem Text beschallt, was wie ein morgendliches Fitnessprogramm klingt, aber offensichtlich niemanden von seiner eigentlichen Arbeit abhält.
Ich verzichte auf das Hotelfrühstück (dünner Kaffee, irgendwelche Fleisch- und Suppengerichte) und fahre direkt zur Messe, wo sehr, sehr viele Menschen vor einem sehr großen Messezentrum für ihre Messeausweise anstehen.

Auf dem Stand lerne ich erst einmal viele chinesische Kollegen kennen, die ich bislang nur aus E-Mails kannte, und treffe auch ein paar weitere Kollegen von zuhause, die die Messe besuchen, nicht zu vergessen unseren Geschäftsführer. Meine Kollegen haben die Präsentation meines Produkts auf dem Stand schon gut im Griff, und ich könnte mangels Chinesisch auch nicht sonderlich helfen, so mache ich eine erste eigene Runde. Unglaublich laut, bunt und überlaufen, und sehr viele weitere Messehallen außer der unseren, die ich noch gar nicht besichtige. Mittagessen im "Food Court" der Messehalle; für gerade mal umgerechnet 2,50 Euro gibt es Reis mit gebratenem Schweinefleisch und Gemüse und ein Getränk. Nichts Dolles, aber wir werden satt.

Am Nachmittag weiteres, noch zielloses Rumlaufen, wo ich mir schon ein paar geistige Bookmarks für Stände mit Produktkonkurrenz setze. Es ist drinnen schon drückend trotz Klimatisierung; sobald man aber nach draußen kommt, bricht bei 25 Grad und 100% Luftfeuchte endgültig der Schweiß aus. Ich stelle fest, zuviele Anzüge und zuwenig kurzärmelige Hemden mitgenommen zu haben.

Abends, als es schon dunkel ist, gehen wir gemeinsam mit deutschen und chinesischen Kollegen in ein Fischrestaurant, das heißt wir fahren wieder lange Taxi dorthin.
Das Bier (Marke Tsingtao) lässt sich überraschend gut trinken und das laut der Kollegen kantonesisch geprägte Essen ist lecker. Okay, da sind auch ein paar knorpelige Sachen dabei, auch irgendwelche Teigbällchen, die nach Mist riechen und die ich nicht probiere, aber sonst ist alles fein, Fisch, Muscheln, Krabben, Fleisch und Gemüse, und wir unterhalten uns gut.
Was mich aus dem Konzept bringt, ist dass die Kellner ständig Getränke in erst halbleere Gläser nachschütten. Gerade bei Alkohol behalte ich ganz gerne die Übersicht. Und wenn man ihnen deutet, bitte jetzt nichts nachzuschenken, muss man sie wieder explizit bitten, das komplett leere Glas wieder aufzufüllen. Nervig. (Und ich bin etwas mehr angeschickert als geplant. Hicks.)
  

[giardino, Mittwoch, 24. April 2013, 22:22] 1170



vert, Donnerstag, 25. April 2013, 01:42   (Permalink )

isabo, Samstag, 27. April 2013, 18:00   (Permalink )
Das ist in Japan auch so, dass man permanent nachgeschenkt bekommt und überhaupt keinen Überblick mehr hat. Manchmal bekommt man quasi jeden einzelnen Schluck nachgeschenkt, sodass auch schnell nichts mehr frisch schmeckt, bei so einer Schwüle.

Ich fand, dass in Japan das chinesische Essen ganz anders schmeckte als hier, ging Dir das auch so? Und hast Du die Hühnerfüße probiert?

giardino, Sonntag, 28. April 2013, 00:17   (Permalink )
Absolut, das Essen war ganz anders. Es beginnt damit, dass es die drei Male, in denen ich in einem besseren Restaurant war, nirgends Reis gab. Und dann eben dieser Tisch mit der gläsernen, großen Drehscheibe, auf die im Laufe der Zeit alle möglichen Sachen gestellt wurden, beginnend mit den Vorspeisen. Natürlich weiterhin die Vielfalt und Art der Gerichte - da war vieles dabei, was man bei uns kaum bekommen würde, z. B. weil es die entsprechenden Pilze oder Gemüse bei uns so nicht frisch gibt (aber durchaus auch Einiges dabei, was ich ohnehin nicht essen würde, vor allem in punkto Fleisch). Umgekehrt gibt es bei uns sehr viel Ente, überhaupt Geflügel, das war dort nur eine kleine Sache unter vielen. Womit wir bei den Hühnerfüßen wären - ich habe sie nicht probiert. Wenn mir sie jemand anböte, würde ich womöglich mal beißen, aus Neugier, aber soo groß war die dann auch nicht.

arboretum, Sonntag, 28. April 2013, 14:33   (Permalink )
Mein Schwager Kaktus hat aus Neugier auf einer Hochzeit in China einmal diese Hühnerfüße probiert. Ein knorpeliges Erlebnis, das er definitiv nicht zu wiederholen wünscht.