Gemüse ist meine Wurst
Wir hatten uns am Karnevalswochenende entschlossen, bis Ostern kein Fleisch mehr zu essen. Fast beiläufig, weder um abzunehmen, noch aus rein ideellen oder gar religiösen Fasten-Gründen. Eher so ein: Ach, mal sehen, wie weit wir kommen. Und es war überhaupt nicht schwer. Gut, ein-zwei Mal war der Geruch von Steak oder Brathähnchen in der Kantine schon eine Herausforderung, und als die Familie zu Besuch war, hätte ich mir beinahe aus Gewohnheit beim Frühstück Leberwurst aufs Brötchen geschmiert. Aber sonst bin ich gut klar gekommen, in der Kantine wie auch zuhause oder sogar im fränkischen Restaurant oder auf Dienstreise. Der Möwe ging es nicht anders.

Für Ostern hatten wir dann Lammkoteletts und -Spießchen geplant und lange Zeit dachte ich, ich würde mich sicher danach verzehren. Pustekuchen.
Gut, das war alles sehr lecker und die Fenchelsalami nach so langer Zeit auch, aber schon der sonst geliebte luftgetrocknete Schinken ließ mich merkwürdig kalt, und auch insgesamt war da nicht viel von: ¨Boah, endlich wieder Fleisch!¨ zu spüren. (Der Möwe ging es sogar erst einmal einen Tag lang nicht so gut.) Was wohl bedeutet, dass wir einfach dabei bleiben werden und auch weiter weitgehend auf Fleisch verzichten. Nicht dogmatisch, wir werden auch weiterhin mal welches essen, und wir haben ja umgekehrt auch vorher schon viel und gerne fleischlos gekocht. Aber irgendwie hat sich offenbar gerade unser Default gedreht, von: selbstverständlich Wurst und Schinken im Haus und regelmäßig Fleisch als Hauptmahlzeit, hin zur Ausnahme. Und ich weiß, mit wievielen guten Argumenten ich mich jetzt brüsten könnte, aber das wäre geheuchelt, denn es geschieht gerade ganz ohne besonderen Idealismus, im wahrsten Sinne des Wortes bauchgetrieben. Mal gucken, wohin das führt. Jedenfalls spannend, wie sich manchmal Dinge im Laufe der Zeit schleichend verschieben.

[giardino, Freitag, 25. April 2014, 01:23] 4171



kristof, Mittwoch, 30. April 2014, 11:26   (Permalink )
Das ist bemerkenswert.

Ich befürchte, ich würde das nicht schaffen, so vernünftig es ja ist ...

tama, Mittwoch, 30. April 2014, 15:37   (Permalink )
Andere Sachen schmecken ja auch durchaus bis zu gelegentlich besser. :)

Ich habe meinen Fleischkonsum schon seit meinem Auszug reduziert - auch weniger aus ideellen als mehr aus geschmacklichen Gründen (Buddhist hin oder her - auch da kappeln sich durchaus verschiedene Ansichten...); die ideellen sind da mehr ein Nebeneffekt. Auch ich brauchte keinerlei Überwindung, denn in der Familie gab es immer mit einer solchen Selbstverständlichkeit zu allem und jedem Gehacktes oder Mett, dass es mir derart zum Hals raushing, dass ich mich fast davor ekelte.

Letztlich kann man Fleisch und Co. jetzt auch viel mehr genießen, wenn es auf den Tisch kommt. :-) (Und um doch noch was Gutmenschenmäßiges zu bringen, weil es nunmal meine Ansicht ist: Dem Tier, dass das Fleisch liefert, schuldet man Respekt. Und zum Respekt gehört auch, dass man gut mit der Zutat "Fleisch" umgeht und es beim Essen entsprechend genießt.)

birgit2604, Donnerstag, 1. Mai 2014, 17:31   (Permalink )
Ich lebe jetzt seit über einem Jahr vegetarisch, da ich der Meinung bin, dass ich mich auch ernähren kann, ohne dass dafür ein Tier sterben muss. Es klappt bis jetzt ganz gut, außer dass man halt dumme Sprüche von Bekannten ertragen muss. Grassfresser, Du isst meinem Fleisch das Futter weg, etc. Da hast Du ja Mangelerscheinungen, das übliche eben....

Ich wünsche Ihnen beiden viel Erfolg weiterhin und denke dass es im Sinne des Großen und Ganzen gut ist, wenn mehr Menschen auf Fleisch und Fisch verzichten, bzw. den Konsum reduzieren. Toi,toi, toi.

Einen schönen Feiertag heute noch.

mark793, Montag, 5. Mai 2014, 10:43   (Permalink )
Im Vergleich zu früher habe ich den Fleisch- und vor allem den Wurstverzehr schon reduziert, aber auf Null oder nahe Null schaffe ich es in absehbarer Zeit eher nicht. Seien Sie sich daher meiner Bewunderung gewiss, zumal mir auch dieser undogmatische Ansatz ohne Weltverbesserungspathos sehr sympathisch ist.

sturmfrau, Montag, 5. Mai 2014, 11:05   (Permalink )
Da schließe ich mich Herrn Mark an - Sie sind dabei angenehm undogmatisch. Hut ab dafür.

Viele Menschen in meinem direkten Umfeld leben vegan oder vegetarisch, ich selbst habe mir das als konkreten Vorsatz allerdings noch nie vorgenommen. Allerdings habe ich aus Kostengründen in der letzten Zeit wenig Fleisch gegessen. Denn da bin ich dann auch ein bisschen Gutmensch und denke mir, wenn ich das hochwertige Fleisch vom Metzger meines Vertrauens nicht bezahlen kann, dann steige ich deshalb nicht um auf "Bauernglück" vom Aldi. Wie Tama auch schon schrieb: Es ist dann ein Hochgenuss, das Kurzgebratene aus der Pfanne zu genießen, das nicht erst einmal um zwei Drittel einschrumpft.

Ich habe einen Massenschweinestall direkt vor der Haustür und trotzdem noch niemals ein Schwein gesehen. Immer nur gehört und gerochen. Daran brauche ich nur zu denken, wenn mal die Idee aufkommt, mir eine Packung Hack aus der Aldi-Kühltheke zu besorgen. Dann geht das auch ganz schnell und super wieder mit Schafskäse und Oliven. Davon mal abgesehen hat mir mein samstäglicher Ausflug ins Dönerland auch nicht so recht geschmeckt - auf der Zunge war von "Hach, endlich mal wieder" wenig zu merken. Auch geschmacklich war die Pizza Brokkoli bei denen besser.