Kreta, Tag 13-14einhalb
15.10.
Das Wetter sieht gut aus, wir fahren nach Chania, um uns auf dem Wochenmarkt für das Wochenende zu versorgen und noch das Altstadtviertel östlich des Hafens zu sehen, das wir bisher nur gestreift haben. Der Wochenmarkt besteht aus einer Ecke mit Kleidung und Schuhen und ansonsten einer sehr langen Straße, an der sich ein Obst- und Gemüsestand an den anderen reiht, nur unterbrochen von einigen Käse- und wenigen Fischständen. Allesamt bieten sie lokale und vermutlich selbst geerntete Erzeugnisse an, keiner verkauft irgendetwas Zugekauftes wie z. B. Tropenfrüchte, alles sieht ein wenig unperfekt aber sehr, sehr lecker aus und riecht appetitlich. Wir sind nahezu die einzigen Touristen, hier kaufen Einheimische und tragen Obst und Gemüse in großen Mengen und Tüten davon. An uns Zweien, die wir nur noch für zwei Essen zu zweit einkaufen, werden die Händler nicht gerade glücklich, aber wir dafür umso mehr. Vor allem die zwei Rotbrassen sind prächtig. Fleisch gibt es hier allerdings keines, doch beim Metzger im Supermarkt werden wir später noch schöne Lammkoteletts finden.
Die Altstadtviertel nahe dem Wochenmarkt scheinen viel weniger von Touristen überlaufen; auf einem zentralen, von vielen Bäumen überdachten Platz sitzen in den Cafés hauptsächlich Einwohner, um nach den Wocheneinkäufen bei einem kalten Kaffee ein Pläuschchen zu halten. Am Rande steht eine Kirche, die zunächst von Dominikanermönchen ohne Turm gebaut wurde. Von Türken wurde sie dann während ihrer Besatzung zur Moschee umfunktioniert und mit einem Minarett versehen. Nachdem die Türken vertrieben waren, wurde sie dann griechisch-orthodox und man spendete ihr noch einen Glockenturm dazu. Sehr kurios, und wie ich finde auch ganz schön entspannt — könnte man sich in Bayern vorstellen, dass sie das Minarett stehen gelassen hätten?
Wir schlendern noch ein wenig durch die Mittagshitze; die Möwe findet in einer kleinen Juwelierwerkstatt ein schönes Armband, und wir erfahren vom sehr sympathischen, älteren Besitzer etwas über seine Familie, die früher vom Olivenölhandel lebte, zu Zeiten, als es noch vergleichbar wertvoll war wie heute die Edelmetalle. Und er erzählt, dass die Zeiten, in denen kretischen Bauern Empfehlungen folgten, Olivenbäume auszureißen und irgendwas Kulturfremdes anzubauen, langsam vorbei seien und man sich wieder auf das besinne, wofür Kreta seit dreitausend Jahren im Mittelmeerraum bekannt sei: Olivenöl, Wein und Töpferei.
Zurück zuhause fängt es an zu regnen und wir werden von den streunenden Kätzchen empfangen; wir hatten das Apartment auf Bitte der Betreiber gewechselt, damit sie in dem vorherigen Haus renovieren konnten, und dafür eines mit teilweise überdachter Terrasse bekommen, unter der unser Wäscheständer mit den Strandtüchern jetzt einen kuscheligen und trockenen Platz bot. Wir braten uns die Lammkoteletts und essen dazu Salat.
16.10.
Sonntagmorgen, das Wetter ist bedeckt nach einer ganzen Nacht Regen. Als es ein wenig trockener wird, fahren wir etwa 70 km weiter östlich ins Städtchen Rethimnon. Als wir dort sind, scheint die Sonne und macht sich über unsere Kleidung lustig. Der Ort ist deutlich touristischer, es sind auch gefühlt deutlich mehr Touristen unterwegs als in Chania, aber die Gässchen und der kleine venezianische Hafen sind auch ausgesprochen schön. Mitten in der Stadt entdecken wir außerdem ein arabisches Atomkraftwerk aus dem 17. Jahrhundert. Wir beschließen, die lt. Reiseführer eigentlich obligatorische Festungsbesichtigung sein zu lassen, essen eine Kleinigkeit und fahren, als es wieder zuzieht, zurück nach Hause.
Das war dann auch das letzte Mal, dass wir die Sonne gesehen haben sollten; von Sonntag mittag bis zum Abflug am Montag regnete es in einem durch, und es wurde auch kühler, so dass wir uns im Apartment in unsere Bettüberwurfdecken mummelten. Das Internet ging auch nicht mehr, und alle anderen Gäste der Anlage schienen verschwunden zu sein. Abends braten wir uns den Fisch im Backofen auf Kartoffeln, Möhren und Knoblauch, und die Kätzchen draußen, die mittlerweile Dauergäste auf unserer Terrasse sind, bekommen ein paar Reste, die sie begeistert verputzen.
17.10.
Abreisetag. Wir wachen auf, es regnet ohne Unterlass, auf dem Wäscheständer haben zwei Kätzchen offenbar die ganze Nacht aneinandergekuschelt verbracht. Ich frage Jannis, den Sowaswiehausmeister der Anlage, als er Poolbar und Sonnenschirme zusammenpackt, was mit dem Internet los sei. Er zeigt auf mich und macht eine ausladende Geste mit den Armen: »Hotel finish!« Ah, wir werden heute also wirklich die letzten Gäste in diesem Jahr sein. Der Pool ist schon halb abgelassen, die Liegen abgeräumt, und drinnen packen wir unsere Siebensachen.
Wenn die frierenden, hungrigen Kätzchen nicht wären. Wir fahren nochmal zum Supermarkt, kaufen für uns Gebäck zum Frühstück und für sie eine Dose Katzenfutter (Huhn), das wir den vier Rackern auf einer Zeitung servieren. Eine Viertelstunde lang futtern sie sich durch das Fleisch, bis sie offenbar wirklich alle satt sind. Nachdem sie sich geputzt haben, kommen sie von alleine eine nach der anderen auf meinen Schoß geklettert, schmiegen sich aneinander und schlummern selig ein. Während es regnet und ein kühler Wind weht, wärmen mich vier kleine Kätzchen (und ich sie), sie schnurren und sehen glücklich aus, und weil das so wundervoll ist, und weil ich daran denken muss, dass sie vielleicht für lange Zeit zum letzten Mal von einem Menschen so reichlich gefüttert und geborgen werden, bekomme ich feuchte Augen, und ich sitze noch lange da ohne mich zu bewegen, bis mir die Beine anfangen zu zittern.
Im strömenden Regen fahren wir schließlich zum Flughafen, bis uns das Flugzeug erlöst und zurück in die Heimat trägt. Der Flug war nicht so erfreulich, aber das ist eine andere Geschichte, und es bleibt die Erinnerung an zwei Wochen auf einer schönen und eindrücklichen Insel, im letzten Zipfel des Sommers in Europa.
Das Wetter sieht gut aus, wir fahren nach Chania, um uns auf dem Wochenmarkt für das Wochenende zu versorgen und noch das Altstadtviertel östlich des Hafens zu sehen, das wir bisher nur gestreift haben. Der Wochenmarkt besteht aus einer Ecke mit Kleidung und Schuhen und ansonsten einer sehr langen Straße, an der sich ein Obst- und Gemüsestand an den anderen reiht, nur unterbrochen von einigen Käse- und wenigen Fischständen. Allesamt bieten sie lokale und vermutlich selbst geerntete Erzeugnisse an, keiner verkauft irgendetwas Zugekauftes wie z. B. Tropenfrüchte, alles sieht ein wenig unperfekt aber sehr, sehr lecker aus und riecht appetitlich. Wir sind nahezu die einzigen Touristen, hier kaufen Einheimische und tragen Obst und Gemüse in großen Mengen und Tüten davon. An uns Zweien, die wir nur noch für zwei Essen zu zweit einkaufen, werden die Händler nicht gerade glücklich, aber wir dafür umso mehr. Vor allem die zwei Rotbrassen sind prächtig. Fleisch gibt es hier allerdings keines, doch beim Metzger im Supermarkt werden wir später noch schöne Lammkoteletts finden.
Die Altstadtviertel nahe dem Wochenmarkt scheinen viel weniger von Touristen überlaufen; auf einem zentralen, von vielen Bäumen überdachten Platz sitzen in den Cafés hauptsächlich Einwohner, um nach den Wocheneinkäufen bei einem kalten Kaffee ein Pläuschchen zu halten. Am Rande steht eine Kirche, die zunächst von Dominikanermönchen ohne Turm gebaut wurde. Von Türken wurde sie dann während ihrer Besatzung zur Moschee umfunktioniert und mit einem Minarett versehen. Nachdem die Türken vertrieben waren, wurde sie dann griechisch-orthodox und man spendete ihr noch einen Glockenturm dazu. Sehr kurios, und wie ich finde auch ganz schön entspannt — könnte man sich in Bayern vorstellen, dass sie das Minarett stehen gelassen hätten?
Zurück zuhause fängt es an zu regnen und wir werden von den streunenden Kätzchen empfangen; wir hatten das Apartment auf Bitte der Betreiber gewechselt, damit sie in dem vorherigen Haus renovieren konnten, und dafür eines mit teilweise überdachter Terrasse bekommen, unter der unser Wäscheständer mit den Strandtüchern jetzt einen kuscheligen und trockenen Platz bot. Wir braten uns die Lammkoteletts und essen dazu Salat.
16.10.
Sonntagmorgen, das Wetter ist bedeckt nach einer ganzen Nacht Regen. Als es ein wenig trockener wird, fahren wir etwa 70 km weiter östlich ins Städtchen Rethimnon. Als wir dort sind, scheint die Sonne und macht sich über unsere Kleidung lustig. Der Ort ist deutlich touristischer, es sind auch gefühlt deutlich mehr Touristen unterwegs als in Chania, aber die Gässchen und der kleine venezianische Hafen sind auch ausgesprochen schön. Mitten in der Stadt entdecken wir außerdem ein arabisches Atomkraftwerk aus dem 17. Jahrhundert. Wir beschließen, die lt. Reiseführer eigentlich obligatorische Festungsbesichtigung sein zu lassen, essen eine Kleinigkeit und fahren, als es wieder zuzieht, zurück nach Hause.
17.10.
Abreisetag. Wir wachen auf, es regnet ohne Unterlass, auf dem Wäscheständer haben zwei Kätzchen offenbar die ganze Nacht aneinandergekuschelt verbracht. Ich frage Jannis, den Sowaswiehausmeister der Anlage, als er Poolbar und Sonnenschirme zusammenpackt, was mit dem Internet los sei. Er zeigt auf mich und macht eine ausladende Geste mit den Armen: »Hotel finish!« Ah, wir werden heute also wirklich die letzten Gäste in diesem Jahr sein. Der Pool ist schon halb abgelassen, die Liegen abgeräumt, und drinnen packen wir unsere Siebensachen.
Wenn die frierenden, hungrigen Kätzchen nicht wären. Wir fahren nochmal zum Supermarkt, kaufen für uns Gebäck zum Frühstück und für sie eine Dose Katzenfutter (Huhn), das wir den vier Rackern auf einer Zeitung servieren. Eine Viertelstunde lang futtern sie sich durch das Fleisch, bis sie offenbar wirklich alle satt sind. Nachdem sie sich geputzt haben, kommen sie von alleine eine nach der anderen auf meinen Schoß geklettert, schmiegen sich aneinander und schlummern selig ein. Während es regnet und ein kühler Wind weht, wärmen mich vier kleine Kätzchen (und ich sie), sie schnurren und sehen glücklich aus, und weil das so wundervoll ist, und weil ich daran denken muss, dass sie vielleicht für lange Zeit zum letzten Mal von einem Menschen so reichlich gefüttert und geborgen werden, bekomme ich feuchte Augen, und ich sitze noch lange da ohne mich zu bewegen, bis mir die Beine anfangen zu zittern.
[giardino, Dienstag, 18. Oktober 2011, 22:22] 1129
Sehr atmosphärisch, gerne gelesen. Vielen Dank!
Ganz meinerseits fürs Mitlesen und Feedback!