Sardinien, Tag 5-8
Wir verbrachten noch zwei Stündchen an unserem Lieblings-Ministrand von vor drei Jahren, dann fuhren wir an der Küste über Chia und Pula nach Cagliari, um die Mutter und eine Schwester der Möwe vom Flughafen abzuholen. Vorbei an petrochemischer Industrie und ausgedehnten Sumpfwiesen bekamen wir auf dem letzten Abschnitt einen der wenigen abschreckenden Küstenabschnitte Sardiniens zu sehen. Kein Mensch weit und breit am Ufer, zwischendrin ragen irgendwelche Molen mit Rohrleitungen ins Meer. Hier könnte man einen Thriller spielen lassen.

An diesem und den folgenden Tagen haben wir in Carbonia und Cortoghiana (einem kleinen, ebenso von faschistischer Architektur geprägten Örtchen in der Nähe) zusammen viele Tanten, Onkel und Cousins der Möwe besucht, väter- wie mütterlicherseits, von denen auch manche schon eine Zeit in Deutschland gelebt hatten. Begrüßungsküsschen, Kaffee getrunken, Fotos angeschaut, über meinen an Pfingsten verstorbenen Schwiegervater gesprochen und zu Abendessen eingeladen worden, oder selbst in unserer kleinen Ferienwohnung (die meinem Schwager gehört) getroffen und bei einem Glas Wein oder Bier geredet.

Zum allerersten Mal höre ich längere Gespräche auf Sardisch; bei der Möwe zuhause sprachen die Geschwister untereinander deutsch, mit ihren Eltern italienisch und die Eltern nur mal den einen oder anderen Satz sardisch untereinander, weswegen ich zuvor kaum etwas davon mitbekommen hatte. Während ich inzwischen flüssig genug Italienisch spreche, um mich an den allermeisten Gesprächen aktiv zu beteiligen (mit etwas Mühe konnte ich sogar erklären, was ich auf der Arbeit tue), verstehe ich trotz Nähe zum Italienischen und Französischen vielleicht nur ein Drittel von dem, worum es geht; zuallererst fällt es mir schon schwer, die Wortgrenzen zu identifizieren. Sardisch ist eben doch etwas Anderes als nur ein Dialekt. Insgesamt war es aber schon bemerkenswert, wie mühelos und selbstverständlich alle ständig zwischen Italienisch, Sardisch und ab und zu auch Deutsch hin- und her wechselten.
An einem Nachmittag fuhren wir nach San Benedetto, einem kleinen Dörfchen in den Bergen oberhalb von Iglesias, woher mein Schwiegervater stammte. Idyllisch und abgeschieden, aber man kann sich auch gut vorstellen, wie hart das Leben und die Armut hier vor 50-80 Jahren gewesen sein müssen, und warum mit dem Niedergang der wenigen Bergbauindustrie so viele ihr Heil auf dem Festland oder eben auch in Deutschland gesucht haben.

Am Sonntag, dem letzten Septembertag, verbrachten wir den Nachmittag an einem wunderschönen aber unglaublich windigen Strand. Am Abend fuhren wir zu einem Restaurant in der Nähe unserer Wohnung. Wir hatten Glück: Sie machten Saisonende und boten allen Gästen ein Meeresfrüchtemenü für 30 Euro. Tintenfischsalat und -Carpaccio (ich habe noch nie so zart-aromatischen Tintenfisch gegessen), marinierter Thunfisch, zweierlei Pasta mit Meeresfrüchten (eine Sorte sensationell mit Fregola Sarda, kleinen Nudelwürfeln mit dicker Tomatensauce, Muscheln und Krabben) und schließlich einem Riesenteller gebackener Garnelen und Wasweißichnichtalles zum Hauptgang, der mir dann allerdings auch genug des Guten war. Aber alles superfrisch, lecker und letzten Endes schlicht zubereitet.

[giardino, Sonntag, 14. Oktober 2012, 18:00] 783



arboretum, Montag, 15. Oktober 2012, 14:16   (Permalink )
Statt "Ministrand" habe ich jetzt schon zum zweiten Mal "Ministrant" gelesen, weia.

Freut mich, dass es so ein gelungener Urlaub war, ich hoffe, die Erholung hält noch eine Weile an.

giardino, Dienstag, 16. Oktober 2012, 12:37   (Permalink )
Hihi, den Gedanken hatte ich auch schon beim Tippen (der Ministrant am Ministrand).

Nun, es war ein schöner Urlaub, aber die 11 Tage fühlten sich gerade mal wie ein Durchatmen an. Der Erholungseffekt ist nach einer Woche Büro schon wieder ganz schön verblasst, wie auch meine Bräune...

Es folgt übrigens noch ein Teil mit Fotos!

arboretum, Dienstag, 16. Oktober 2012, 14:32   (Permalink )
Ah, das ist schön, dass noch eine Fortsetzung kommt.