Eine Woche China: Shanghai (Tag 6)
Wecker ausgemacht und prompt heftig verschlafen. Egal, nach Frühstück im Hotel (diesmal gibt es auch westliches Frühstück mit Schokocroissant) mache ich mich auf, mit der Metro ins Zentrum zu fahren. Leider ist es ziemlich dunstig, es wird also nicht allzu einfach, mit meiner kleinen Kompaktknipse gute Fotos zu machen. Eine Einzelfahrt in der Shanghaier Metro für ein paar Stationen kostet 3 oder 4 RMB, das sind umgerechnet höchstens 50 Cent. Am Eingang zu den Bahnsteigen muss man an jeder Station durch eine Sicherheitsschleuse, wo das Gepäck gescannt wird. Die Wagen sind mäßig voll, es ist aber auch ein freier Tag, an dem vor allem chinesische Städtetouristen unterwegs zu sein scheinen.

Ich steige nach einmal umsteigen erst einmal mitten im Finanzdistrikt aus, zwischen Fernsehturm und den Wolkenkratzern. Darunter sind die derzeitige Nummer 4 und 12 der höchsten Gebäude der Welt, nämlich das Shanghai World Financial Center (der Flaschenöffner, knapp 500m hoch) und der Jin Mao Tower (der pagodenhafte Turm, 420 m). Der Shanghai Tower (der verdrehte mit den zerzausten Kranhaaren obenauf, geplant 632 m hoch) wird nach seiner Fertigstellung im nächsten Jahr dann das zweithöchste Gebäude der Welt sein, nach dem Burj Khalifa in Dubai.

Wahnsinn.
Einmal mit vielen vor allem chinesischen Touristen auf dem kreisförmigen Fußgängerweg rund um die große Kreuzung, dann geht es weiter mit der Metro eine Station weiter westlich, auf die andere Seite des Flusses, wo die Nanjing Lu ist, die Haupteinkaufsstraße Shanghais. Beim Auftauchen aus dem Untergrund stehe ich vor einem großen Apple-Shop, der offensichtlich heillos überlaufen ist.
Ich laufe die Nanjing Road zurück zum Flussufer (»Bund« genannt), um Pudong nochmals in der berühmten Gesamtansicht zu sehen und zu fotografieren. Nach den Tagen der Schwüle tut es richtig gut, dass hier vielleicht nur 13, 14 Grad herrschen. Nur der Wind ist unangenehm feucht und kalt.
Zurück dorthin, wo ich hergekommen war und die stark belebte Straße noch weiter, über den Century-Platz bis zum People Square, einer Park-Oase mitten im Zentrum, wo es neben Grünflächen, Bäumen und Bänken auch ein paar kleine Fahrgeschäfte für Kinder gibt. Zwei Frauen und ein Mann bitten mich, ein Foto von ihnen zu machen. Eine der jungen Frauen kommt mit mir auf Englisch ins Gespräch, wo ich herkäme, sagt dann sogar Guten Tag und Wie geht es Ihnen auf Deutsch, sie seien aus der Provinz in der Nähe und als Ausflug in Shanghai. Was ich denn hier täte, ob ich das erste mal in China und Shanghai sei usw. Sehr nettes Gespräch. Am Ende fordert sie mich auf, doch mit ihnen zu irgendeiner Tee-Zeremonie-Demonstration zu kommen, die nur einmal im Jahr stattfinde. Dauerte auch nur 20 Minuten. Ich verneine freundlich (was ich mehrere Male tun muss und mir schwerfällt, ihr kennt meine Schwierigkeiten, nein zu sagen), denn schließlich habe ich noch einen Tag Arbeit am Rechner vor mir.
Ich streife ein wenig weiter durch den Park, und bereits am Ausgang am anderen Ende werde ich von zwei jungen Frauen gefragt, ob ich sie fotografieren würde, dann ein ähnliches Gespräch mit einer der beiden, sehr nett, und am Schluss versucht sie auch, mich zum Besuch dieser Teezeremonie zu überreden, zu der ihre Freundin und sie jetzt gehen würden, schließlich gäbe es das nur heute. Und nur 20 Minuten! Ich verneine wieder vielmals und fahre schließlich mit der Metro zurück zum Hotel, schließlich ist schon der Nachmittag angebrochen und ich muss auch noch eine Kleinigkeit essen (McDonalds, natürlich). Zunächst lege ich die beiden Begegnungen unter der Rubrik die Leute sind sehr offen und freundlich und kommen gerne mit Fremden ins Gespräch ab. Erst im Nachhinein, je länger ich darüber nachdenke, waren die Treffen zu gleichförmig und teilweise bis ins Detail gleich formuliert, als dass ich wirklich noch daran glaube, dass das nicht Leute auf gezieltem Touristenfang waren.

Zurück im Hotel lasse ich mir im einigermaßen luxuriösen Zimmer ein Bad ein, K's Choice läuft leise auf dem Handy, und ich entspanne mich wunderbar. Schließlich ist es vier Uhr, als ich mich an den Rechner setze und arbeite, und es macht sogar richtig Spaß, so dass ich erst irgendwann vor Mitternacht den Bildschirm zuklappe. Zwischendurch laufe ich immer mal wieder ans Fenster und fotografiere die Skyline in allen Schattierungen des Abendlichts, diesmal auch zur anderen Seite hin, Richtung Finanzdistrikt und den Hochhäusern, vor denen ich am Vormittag noch stand. Blöd nur, dass mir der Klimawechsel wohl nicht ganz so gut getan hat, ich spüre wie langsam eine Erkältung aufzieht. Zwischendurch lese ich auch mal ein bisschen meine Timeline auf Twitter. Dass das nur geht, weil ich eine VPN-Verbindung in unser Firmennetz in Deutschland habe, ist allerdings bedrückend. Twitter, Youtube, Facebook, all das und vermutlich noch viel mehr an Quellen und Netzwerken lässt sich von China aus nicht aufrufen.
(auch in größer)
  

[giardino, Dienstag, 30. April 2013, 22:15] 1777



isabo, Sonntag, 17. November 2013, 14:00   (Permalink )
Ich wurde heute übrigens von drei jungen Leuten angesprochen, die wollten, dass ich ein Foto von ihnen mache. Wir kamen ins Gespräch, sie wollten gerade zu einer Teezeremonie … etc.
Ich fasse es nicht, ich schreibe *in dieser Sekunde* den Blogeintrag dazu, da verlinkt Stephan diesen Eintrag von Dir nochmal und ich lese genau das, was ich gerade schreibe.