Mittwoch, 8. Juli 2009
Tag 7
Mittwoch, 17. Juni 2009

Früh an den Strand mit dem überhängenden Baum. Natürlich belegt. Wir suchen uns einen Platz an der anderen Seite, wo uns ein Strauch wenigstens für die Dauer des Vormittags noch etwas Schatten spenden wird.

Unschöne Szenen, als der Baumplatz mit einem mal frei wird, ich zügig über den Strand dorthin stakse, ein doofer Rentner mich kommen sieht und kurzerhand seine Liege fünf Meter weiter unter den Baum stellt. Gebe den Platz als verloren. Für heute.

Schließlich unter dem Sonnenschirm von halb zehn bis halb fünf ausgehalten. Dabei ganzes Buch von Fred Vargas gelesen, guter Krimi mit, ähm, sehr französischen Dialogen, zwischendurch im Wasser abgekühlt, stolz, mich überhaupt nicht sonnenverbrannt zu haben.

Wenn das 33 Grad sind, so will man keine 40 erleben. Man braucht Schuhe, um die wenigen Meter zum Wasser ohne Brandblasen zurücklegen zu können.

Kühle Nektarinen oder Honigmelonenstückchen sind der Hit.

Es ist übrigens fast unmöglich, eine Minute Wellengeplätscher ohne krachende Windgeräusche am Mikro aufzunehmen, trotz Schaumstoffball drumherum.

Den ganzen Tag ein Rudel Kriegsschiffe zu sehen, fünf insgesamt, das draußen vor der Küste vor sich hin dümpelt. Ab und zu Kanonenschläge. Zwischendurch startet ein Hubschrauber vom Deck und fliegt fort, wahrscheinlich um Pizza zu holen. Irgendwie unheimlich, das alles.

Abendessen: Im Supermarkt keinen anständigen Fisch gefunden, stattdessen kochen wir Hühnerkeule mit Mangold.

Abendspaziergang zum lokalen Nuraghe (s. u.). Von einer vorbeikommenden alten Frau für Fabrizio gehalten worden.

»reines Pflichtknipsen«
  

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Dienstag, 7. Juli 2009
Tag 6
Dienstag, 16. Juni 2009

Vergeblich nach einem Restmüllcontainer in der Nähe des Hauses gesucht. Am Telefon werden wir von der Möwenschwester aufgeklärt, dass man hier mittlerweile alles trennt: Plastik, Restmüll, Bio, Metall, Papier, Batterien, Farben... Das meiste jeweils in eigenen, farbigen Tüten, die an jeweils anderen Tagen abgeholt werden. Komme mir vor wie im Landkreis Forchheim. Beschließen kurzerhand, für die kurze Zeit unseres Aufenthalts zu Mülltouristen zu werden. Ich finde ja nicht, dass man den Deutschen alles nachmachen muss.
Der Wind ist heute morgen stürmisch, deswegen entschließen wir uns zu einer Rundfahrt durchs Iglesiente. Verlassene Minengebäude überall. Gomeraneske Bergsträßchen rauf- und runtergekurvt. Mittags in einer von sardischen Arbeitern vollen Dorfbar Rast gemacht. Wo wir das Auto auch verlassen, knallt die Sonne heute erbarmungslos nieder, und besonders windig ist es hier auch nicht mehr.

Ein end- und schattenloser Sandstrand bei Portixeddu. Wir nehmen ein kurzes Bad zum Abkühlen. Kommen danach an Buggeru vorbei, am Pan di Zucchero (das ist dieser kreuzförmige, vorgelagerte Felsen), sehen mehr Minen, mehr Hitzekesselstrände.
Schließlich fahren wir ins Landesinnere nach Iglesias, der alten Bergarbeiterstadt, und freuen uns über hübsche und schattige Altstadtgassen.
Auf der Heimfahrt in verschiedensten Geschäften vergeblich nach einfachen, weißen, dickwandigen Espressotassen gesucht. Heftigen Steinschlagkratzer am Auto entdeckt, von dem nicht klar ist, ob wir ihn verursacht haben. Mist.

Am Ende des Tags grundlos niedergeschlagen. Beschlossen, erst einmal nicht mehr den ganzen Tag mit dem Auto in der Hitze rumzukurven.

Abendessen: Nudeln mit Butter und Parmesan, gebratene Paprika und Zucchini.
  

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Dienstag, 16. Juni 2009
Tag 5
Heute fahren wir die Küstenstraße zwischen Teulada und Chia entlang. Zwanzig Kilometer Felsenküste, darin kleine Buchten eingebettet, einige mit Kieselstrand, andere mit Sand, und in allen schwappt ein grünblaues Wasser wie aus dem Karibikreisekatalog. An einer halten wir schließlich an, kaum Leute, wir schwimmen eine Runde und fahren weiter.

In Chia, wo die hügelige Felsküste einem kilometerlangen Strand mit flachem Hinterland weicht, ist alles schon wesentlich touristischer, größer. Wir parken unter Pinien, laufen zum Turm und am kleineren Strand entlang, lassen uns von der Brise kühlen.

Chia
Große, saftige, frische Feigen! Okay, man sollte in so touristischen Orten besser nicht vom Straßenrand kaufen, wie wir später an den Preisen im Supermarkt sehen. Aber geschmeckt haben sie fantastisch.

Der Geruch italienischer Panini. Bei diesen Temperaturen bekommen Tomaten im Brot ihre eigentliche Bedeutung.

Über die Hügel, weg von der Küste fahren wir nach Teulada zurück und kommen uns auf zehn Kilometern vor wie auf Gomera, wie wir im zweiten Gang durch die Serpentinen kurbeln. Im eher ruhigen, einheimisch wirkenden Teulada trinken wir am kleinen Platz in der Ortsmitte eine Cappuccino. Für einen Euro!

Um nach Hause zurückzukehren, ist es zu früh, so fahren wir durch die von meterhohem, blühendem Oleander gesäumte Straße zurück an eine der Buchten von heute morgen, an der wir nicht gehalten hatten, die aber besonders idyllisch schien. Ein Teil des Strands ist von einer etwa zwei Meter hohen Erdkante gesäumt, und ganz wunderbar wächst an einer Stelle ein Baum waagerecht darüber und spendet Schatten. Natürlich ist der Platz belegt.
Ich klettere die Felsen am Wasser entlang und sehe zu, wie das Wasser darüber schwappt und das Licht in Netzen darüber wabern lässt. Was für ein wunderbarer Ort. Ich spüre, wie in mir langsam eine glückliche Ruhe einkehrt.

[Geplätscher sehen und hören, 2MB]

Abendessen: Gebratenes Schweinekotelett, Salat, geröstetes Brot
  

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Montag, 15. Juni 2009
Tag 4
Hitze. Den Tag komplett im Haus verschlumpft, mit Büchern und Rätselheften.
Abendessen: gebratenes Rindfleisch und Radicchio.
  

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Sonntag, 14. Juni 2009
Tag 3
Die beschrubbte Katze im Hinterhof röhrt mich um sieben Uhr wach. Gleich noch mal bis zehn Uhr weitergeschlafen.

ehemaliges Bergwerk, Carbonia
Wir fahren nach Carbonia, eine Stadt, die Mussolini 1938 für den Braunkohlebergbau bauen ließ. Auf Sardinien wurden hier schon vor 6000 Jahren die ersten Erze abgebaut; Bergbau ist seit jeher die einzig nennenswerte Industrie der Insel. Der Kohlebergbau begann Mitte des 19. Jahrhunderts, doch nur ein Vierteljahrhundert nach Gründung Carbonias war die Förderung schon fast am Ende. Geblieben ist die kleine Provinzhauptstadt mit ihren faschistischen, leicht klobigen Bauten. Darunter eine von außen eher hässliche Markthalle, in deren Innerem das Leben wogt — neben einem kleinen Untergeschoss für Fisch- und Meeresfrüchtestände gibt es einige Obst- und Gemüsehändler, mehrere Bäcker, eine Bar, Käsestände und ungewöhnlich viele Metzger, bestimmt an die acht oder zehn, viele davon auch mit eher ungewöhnlichen Spezialitäten von Lamm, Ziege und Pferd. Eine Freude, hindurchzuschlendern.

Wir kaufen ein bisschen Obst, Fleisch und Brötchen, werfen draußen noch einen Blick auf den Wochenmarkt mit Kleidung, Geschirr und Tinnef, und fahren dann zum Leclerc ins Gewerbegebiet, wo wir einen kleinen Fernseher für die Wohnung kaufen; der bisherige war recht alt und derzeit wird hier ohnehin der Empfang flächendeckend auf digital umgestellt.

Am späten Nachmittag geht es nach Porto Pino, diesmal rumpeln wir über eine mehrere Kilometer lange Schotterpiste, auf der ich zum ersten Mal soetwas wie Sympathie für SUVs empfinde. Am Ende ein Parkplatz, wegen Vorsaison noch umsonst, noch ein paar hundert Meter zu Fuß zwischen Hinterlandseen, dann stehen wir in den Dünen eines endlosen Sandstrands, der noch vor einigen Jahren komplett zum nahen Militärgelände gehörte. Starker Wind sprüht uns feinsten Sand um die Ohren, aber es ist immer noch schön warm und das Wasser erfrischend.
Die meisten Vögel, die uns begegnen, sind die gleichen wie zuhause: Spatzen, Schwalben, Tauben, Falken, Mauersegler, Möwen, Stare und Krähen (okay, mit heller, sandfarbener Brust). Aber in diesen salzigen Seen hinter den Dünen kann man von weitem Reiher und sogar Flamingos sehen.

Ich weiß nicht, die Stimmen in italienisch synchronisierten Filmen und Serien klingen unglaubwürdig. Nicht wegen der letztlich unsynchronisierbaren Lippenbewegungen, sondern im Tonfall. Künstlich und überzogen dramatisch, vor allem Frauen dürfen offenbar nur mit bebender Stimme sprechen. Schräg vor allem, wenn man die dazugehörige Originalstimme kennt.

Wenn die Spatzen abends endlich Ruhe geben, können sich die Hunde des Dorfs endlich in Ruhe unterhalten, mit Gebell und Geheul bis in die Nacht, vom Kläffer bis zum großen Hund.

Stiche an Armen und Beinen, deren Herkunft unklar ist, die aber von besorgniserregenden Beulen begleitet werden.

Abendessen: Carpaccio (das Fleisch gab es fertig geschnitten in der Kühltheke, köstlich!), Penne mit Auberginen, Zucchini und Parmesan.

Immer noch keine Lust, zu lesen.
  

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Samstag, 13. Juni 2009
Tag 2
Morgens hämmert der Presslufthammer des Nachbarn, der offenbar altes Gemäuer für neues beseitigt. Verglichen mit dem Kind, das beim letzten Urlaub auf Gomera Abend für Abend in der benachbarten Musikschule stundenlang uninspiriert bei offenem Fenster auf ein Schlagzeug drosch, nicht sonderlich schlimm. Zumal es schon fast halb neun ist.

Aufstehen, frühstücken, einkaufen, Siesta, Abendessen, und wenn man an den Strand will, ist es überraschenderweise mit einem Mal dunkel — wir werden aufpassen müssen, dass unser Tagesablauf nicht so endet. Es ist aber auch mächtig heiß draußen.


Abtransport
Ich erschlage vom Bett aus eine Fliege mit einem Heft, sie fällt irgendwo runter. Keine zehn Minuten später blicke ich auf den Boden, da wuselt um sie herum ein Dutzend winzigster Ameisen. Verdammt, wo kommen die jetzt her? Gemeinsame Demontage, Flügel, Beinchen etc. werden einzeln abtransportiert und schließlich der Rumpf Zentimeter für Zentimeter abgeschleppt und unter eine kaum sichtbare Ritze an der Fußleiste gezerrt. Minuten später noch ein-zwei Patrouillen, danach sind sie wieder verschwunden. Faszinierend.

Dieser typische Seifengeruch frisch gewaschener italienischer Wäsche.

Am späten Nachmittag zum nächstgelegenen Strand. Dahinter steht eines der typischen Pinienwäldchen.

Porto Pino
Früher, so erzählt mir die Möwe, haben Familien hier Tücher zwischen die Bäume gehängt und so ein schattiges Plätzchen für den ganzen Tag geschaffen. Heute ist das alles abgezäunt, aus Naturschutzgründen. Oder vielleicht auch nur, damit man auf dem Strand die inzwischen breit aufgestellten mondbepreisten Liegen und Sonnenschirme mietet. Das Wasser ist unbewegt, sehr sehr flach und trotzdem arschkalt. Aber glasklar.

Denke darüber nach, ob das Verhältnis der Deutschen zu ihren Gastarbeitern vielleicht ein anderes gewesen wäre, wenn sie diese Landschaft kennengelernt hätten. Die freundlich-zurückhaltenden, gastfreundlichen Sarden. Dieses Essen probiert hätten. Es gab ja in Deutschland noch so viele Jahre kein Olivenöl, Knoblauch, Auberginen, anständige Tomaten, keinen italienischen Schinken, keinen Espresso und was nicht alles, das heute selbstverständlich ganze Märkte füllt und ohne das selbst ich mir kaum mehr vorstellen möchte zu leben. Wie weit weg muss man sich erst als Italiener (oder Spanier, Grieche, Türke, ...) damals noch von seiner Heimat gefühlt haben.

(seinerzeit gefunden bei Fr. Kaltmamsell)
Wäre das Verhältnis ein anderes gewesen? Hätten sich die Deutschen der 50er- bis 70er Jahre überhaupt dafür interessieren lassen, woher die meist kleinen, braungebrannten, dunkelhaarigen Männer und ihre Familien herkamen, die jetzt ihre Kohle heraufholten, ihren Stahl kochten, ihre Autos bauten und ihre Werksgebäude putzten? Ich bin mir nicht sicher, aber ich würde es gerne annehmen.
Stelle wieder fest, wie dankbar ich bin, dass es Europa gibt, dass ich Europäer bin, wie selbstverständlich ich in alle möglichen Länder reisen kann, mit dem selben Geld bezahlen und — das vor allem — mit einer Frau ganz ohne staatliche Bevormundungen zusammenleben, deren Familie aus einem ehemaligen Gastarbeiterland stammt.

Die erschlagende Breite von Keks-, Nudel- und Espressoregalen selbst in kleinsten italienischen Supermärkten — haben wir in Deutschland Vergleichbares? Suppenkonserven oder Schokolade vielleicht?

Zum Abendessen gebratene Auberginen und Salat.
  

[giardino, 01:30] Permalink (0 Kommentare) 847



Freitag, 12. Juni 2009
Tag 1
Am Abend zuvor noch bis halb zwölf auf einer Geburtstags-Grillfeier gesessen.

Knutschkugel
Um zwei im Bett, vor sechs schon wieder auf, zum Flughafen. In der Mittagshitze in Olbia angekommen. Der gebuchte Mietwagen (»Klasse: Economy, z.B.: Fiat Panda«) entpuppt sich als ein fast nagelneuer, knallroter Cinquecento. Klasse. Das richtige Auto für uns, um in den nächsten Wochen über die Insel zu kurven. Auf der Fahrt ans andere Ende der Insel gleich über die gute Klimaanlage gefreut.

Am frühen Abend Ankunft im kleinen Hinterhausanbau des Schwagers der Möwe. Im lokalen Supermarkt eingedeckt (Wasser, Kaffee, Nudeln, Olivenöl, Salz — was man zum Leben so braucht) und klassisch Spaghetti mit Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch gekocht, die wir mit milder Abendluft verzehren, um unseren Seelen das Ankommen zu erleichtern.
 

[giardino, 01:30] Permalink (2 Kommentare) 882



zurück
Sardinien war schön. Sehr schön. Und farbiger und saftiger, als ich es von früheren Reisen in Erinnerung hatte.

Eine schöne Eigenschaft dieser Blogsoftware ist ja, dass sie erlaubt, Beiträge beliebig zurückzudatieren. Und so werde ich in Folge ein kleines Reisetagebuch bloggen, das in den vergangenen zwei Wochen in der Internet-Abgeschiedenheit entstanden ist.

[edit: zeitweise zurückdatiert von giardino; Originaldatum ist natürlich 2009-06-28 22:03]

[giardino, 00:03] Permalink (3 Kommentare) 525