Sonntag, 14. Oktober 2012
Sardinien, Tag 5-8
Wir verbrachten noch zwei Stündchen an unserem Lieblings-Ministrand von vor drei Jahren, dann fuhren wir an der Küste über Chia und Pula nach Cagliari, um die Mutter und eine Schwester der Möwe vom Flughafen abzuholen. Vorbei an petrochemischer Industrie und ausgedehnten Sumpfwiesen bekamen wir auf dem letzten Abschnitt einen der wenigen abschreckenden Küstenabschnitte Sardiniens zu sehen. Kein Mensch weit und breit am Ufer, zwischendrin ragen irgendwelche Molen mit Rohrleitungen ins Meer. Hier könnte man einen Thriller spielen lassen.

An diesem und den folgenden Tagen haben wir in Carbonia und Cortoghiana (einem kleinen, ebenso von faschistischer Architektur geprägten Örtchen in der Nähe) zusammen viele Tanten, Onkel und Cousins der Möwe besucht, väter- wie mütterlicherseits, von denen auch manche schon eine Zeit in Deutschland gelebt hatten. Begrüßungsküsschen, Kaffee getrunken, Fotos angeschaut, über meinen an Pfingsten verstorbenen Schwiegervater gesprochen und zu Abendessen eingeladen worden, oder selbst in unserer kleinen Ferienwohnung (die meinem Schwager gehört) getroffen und bei einem Glas Wein oder Bier geredet.

Zum allerersten Mal höre ich längere Gespräche auf Sardisch; bei der Möwe zuhause sprachen die Geschwister untereinander deutsch, mit ihren Eltern italienisch und die Eltern nur mal den einen oder anderen Satz sardisch untereinander, weswegen ich zuvor kaum etwas davon mitbekommen hatte. Während ich inzwischen flüssig genug Italienisch spreche, um mich an den allermeisten Gesprächen aktiv zu beteiligen (mit etwas Mühe konnte ich sogar erklären, was ich auf der Arbeit tue), verstehe ich trotz Nähe zum Italienischen und Französischen vielleicht nur ein Drittel von dem, worum es geht; zuallererst fällt es mir schon schwer, die Wortgrenzen zu identifizieren. Sardisch ist eben doch etwas Anderes als nur ein Dialekt. Insgesamt war es aber schon bemerkenswert, wie mühelos und selbstverständlich alle ständig zwischen Italienisch, Sardisch und ab und zu auch Deutsch hin- und her wechselten.
An einem Nachmittag fuhren wir nach San Benedetto, einem kleinen Dörfchen in den Bergen oberhalb von Iglesias, woher mein Schwiegervater stammte. Idyllisch und abgeschieden, aber man kann sich auch gut vorstellen, wie hart das Leben und die Armut hier vor 50-80 Jahren gewesen sein müssen, und warum mit dem Niedergang der wenigen Bergbauindustrie so viele ihr Heil auf dem Festland oder eben auch in Deutschland gesucht haben.

Am Sonntag, dem letzten Septembertag, verbrachten wir den Nachmittag an einem wunderschönen aber unglaublich windigen Strand. Am Abend fuhren wir zu einem Restaurant in der Nähe unserer Wohnung. Wir hatten Glück: Sie machten Saisonende und boten allen Gästen ein Meeresfrüchtemenü für 30 Euro. Tintenfischsalat und -Carpaccio (ich habe noch nie so zart-aromatischen Tintenfisch gegessen), marinierter Thunfisch, zweierlei Pasta mit Meeresfrüchten (eine Sorte sensationell mit Fregola Sarda, kleinen Nudelwürfeln mit dicker Tomatensauce, Muscheln und Krabben) und schließlich einem Riesenteller gebackener Garnelen und Wasweißichnichtalles zum Hauptgang, der mir dann allerdings auch genug des Guten war. Aber alles superfrisch, lecker und letzten Endes schlicht zubereitet.

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Sonntag, 7. Oktober 2012
Sardinien, Tag 3-4
Am nächsten Morgen trat ich, nur mit kurzer Hose bekleidet, auf den Balkon und reckte meinen sportgestählten Körper, wofür ich von den Einheimischen mit bewundernden Pfiffen bedacht wurde:




(abspielen!)

Über Castelsardo, ein Küstenörtchen, das sich malerisch um einen Felsen wickelt, fuhren wir nach Alghero und nahmen ein Zimmer in der Altstadt. Was für eine tolle Stadt! Man nennt sie hier die spanische Stadt; der lokale Dialekt hat sogar einen katalanischen Einschlag. Wir machten einen Ausflug zum nahe gelegenen Capo Caccia, einem über 160 Meter hohen, senkrecht ins Meer fallenden weißen Kalksteinfelsen. Der Abstieg zur Grotte auf Meereshöhe war leider geschlossen, wegen "des schlechten Zustandes des Meeres", wie uns die Tafel (unter anderem) auf Deutsch aufklärte. Die Boote zur Grotte waren somit leider auch gestrichen; wir legten uns noch 1-2 Stunden an einen schönen, aber leider ziemlich windigen Strand und fuhren zurück nach Alghero. Abends Spaziergang im Abendlicht durch die trotz fast beendeter Nachsaison immer noch belebten Gassen, ein paar Fotos, Suche nach einem Restaurant; leider hatten wir um sieben Uhr viel zu früh Hunger; die meisten Lokale machen um halb acht oder acht Uhr überhaupt erst auf. Wir entschieden uns für das Fischlokal direkt unter unserer Pension und blieben lange Zeit nahezu die einzigen Gäste, während wir Fritto Misto (sehr fein panierte und frittierte Meeresfrüchte) und gegrillte Dorade verspeisten.

Alghero
Am nächsten Tag fuhren wir auf kurvigen Straßen die Westküste entlang Richtung Süden. Wir hielten in Bosa, einem etwas verschlafen wirkenden, aber sehr schmucken Städtchen zwei Kilometer im Landesinneren. (Später erfahren wir, dass es wie die Leute aus Bosa machen sogar sprichwörtlich dafür steht, die Dinge ruhig angehen zu lassen.) Ein echter Fluss, der sogar Wasser führt, halb verfallene Gerbereigebäude, winzige Gässchen zwischen bunt getünchten, mehrstöckigen Häusern, die sich einen kleinen Hügel bis zu einer alten Burg hochwinden. Auf deren Dächern zuweilen Sitzecken mit Blick auf das nahe Meer.

Bosa
Abends kamen wir im Südwesten an, woher die Familie der Möwe stammt. Wir aßen bei einer Tante zu Abend, wie es sich gehört mit Antipasti vorneweg (z. B. eingelegten Pilzen aus eigener Suche), Primo (Pasta), Secondo (Schnitzel und Salat), Frutta und Caffè hinterher. Und das sollte nicht zum letzten Mal sein; irgendwo daher kommen dann wohl auch die 1,5 Kilo, die ich bis zum Rückflug zulegen würde. Abends Weiterfahrt in das noch 30 Kilometer weiter gelegene Örtchen, wo wir das Apartment vom Möwenschwager beziehen, wo wir schon vor drei Jahren waren.

[giardino, 18:58] Permalink (0 Kommentare) 858



Samstag, 6. Oktober 2012
Sardinien, Tag 1-2
11 Tage auf der Insel, einigermaßen kurzfristig geplant, um in diesem Jahr zumindest noch ein bisschen Urlaub verbringen zu können. Während wir letztes Mal zu zweit waren, viel besichtigt und ansonsten am Strand gelegen haben, waren wir diesmal die meiste Zeit zu viert zusammen mit Mutter und einer Schwester der Möwe und haben alle möglichen Onkel, Tanten und deren Kinder besucht. Und entsprechend oft und gut gegessen, natürlich (Bauchtätschelgeste).

Wir kamen am Sonntag vormittag in Olbia mit dem Flugzeug an (Fähre ist inzwischen unter dem Strich teurer, dafür dann für 2 x 24h Reisezeit, schönen Dank). Mietwagen abgeholt und weiter nach Norden. In Palau einen Kaffee am Hafen getrunken, dann weiter zur Nordspitze der Insel nach Santa Teresa Gallura, von wo aus man schon Korsika sehen kann. Nettes Städtchen, karibisch gefärbtes Meer. Gut, um schon mal ein erstes Urlaubsgefühl zu entwickeln.

Santa Teresa Gallura
Für zwei Nächte ein kleines Apartment im Küstenörtchen Isola Rossa bezogen (entgegen dem Namen keine Insel). In den folgenden 24 Stunden erst einmal 12 Stunden geschlafen. War wohl nötig. Am Montagabend zurück nach Santa Teresa ans Capo Testa gefahren. Ein ganzes Kap voller Felsen, die aussehen wie von Künstlerhand geformt. Formen, Figuren, glatte Oberflächen, ein einzigartiger Skulpturenpark, durch den wir im Abendlicht und stürmischen Wind klettern. Atemberaubend schön.

Capo Testa
Zurück zuhause noch ein paar Nudeln gekocht. Wieder geschlafen wie die Steine.

[giardino, 20:01] Permalink (4 Kommentare) 1312